Die Geschichten

Kleines Theater Ganz Groß

Warum Tatjana Pokorny von den Brettern der Weltbühne zurück in das von ihren Großeltern gegründete Kleine Theater nach Garmisch-Partenkirchen kehrt.

Draußen vor dem Kleinen Theater – am Richard-Strauss-Platz in Garmisch-Partenkirchen – flanieren die Leute im Sonnenschein. Es sind ganz unterschiedliche Menschen: Einheimische in Dirndl und Lederhosen oder Touristen aus dem arabischen Raum – die Frauen in lange schwarze Gewänder gehüllt. Drinnen im Theater sitzt Tatjana Pokorny hinter der Bühne zwischen zahlreichen Kostümen und bunten Requisiten. „Natürlich spielen wir auch im normalen Leben eine Rolle und manchmal verstecken wir uns auch“, sagt die Direktorin des Kleinen Theaters. Das wahre Leben unterscheidet sich also oftmals gar nicht so sehr vom Theater. Das ist es auch, was Pokorny seit jeher am Schauspiel begeistert hat. „Die Möglichkeit auf der Bühne in andere Leben einzutauchen ohne die Konsequenzen dafür tragen zu müssen, hat mich schon immer fasziniert“, erzählt Pokorny. Schon als Kind wollte sie Opernsängerin werden. Nicht gerade zur Freude der Eltern.

Schauspiel als Familientradition

Und das obwohl es in der Familie eine lange Schauspieltradition gibt. Die Großeltern mütterlicherseits – Ludmilla Rohrbeck-Holten und Fritz Rohrbeck – standen selbst auf der Bühne und gründeten 1949 das Kleine Theater in Garmisch-Partenkirchen. Damals noch unter einem anderen Namen und an einem anderen Ort. Auch die Eltern von Tatjana Pokorny waren und sind mit dem Schauspiel und vor allem mit dem Theater eng verbunden. Nach dem Ableben der Großeltern übernahmen sie die Führung des Theaterhauses. „Trotzdem war mein Vater anfangs der Meinung, ich sollte etwas Vernünftiges lernen“, sagt Pokorny. Denn Geld gibt es in der Schauspielerei wenig und muss hart verdient werden. Mittlerweile ist der gebürtige Wiener Rainer Pokorny froh über den Weg, den seine Tochter eingeschlagen hat. Und dieser beschränkt sich nicht nur auf Theaterschauspiel alleine. Tatjana Pokorny steht vor der TV-Kamera, begeistert Kinofans, arbeitet als Synchronsprecherin, führt Regie und hat in München Theaterwissenschaft, Neue Deutsche Literatur und Psychologie studiert. „Mir gefällt es, dass ich mich beruflich in verschiedene Richtungen ausleben kann und mich dadurch auch immer weiterentwickle“, erklärt Pokorny.

 

Ein Theater für alle

Unter der Führung von Tatjana Pokorny hat sich auch das Kleine Theater weiterentwickelt. Nach gut zehn Jahren an den großen Theatern in Berlin, Wien, München und Zürich kehrte sie zurück in ihren Heimatort und brachte eine Menge Ideen mit. „Unser Theater hier unterscheidet sich schon sehr von denen in den großen Städten, alleine schon wegen dem viel kleineren Einzugsgebiet“, sagt die Theaterdirektorin. Die Bandbreite im Kleinen Theater ist allerdings groß. Vom bayrischen Volksstück über Comedy bis zu werkgetreuen Klassikern wird alles gespielt. Eine der größten Herausforderungen ist das heterogene Publikum. „Wir haben viele Touristen unter unseren Besuchern. Da unsere Bühne aber das ganze Jahr über bespielt wird, verstehen wir uns auch als Stadttheater für die Menschen aus Garmisch-Partenkirchen“, sagt Pokorny. Die Wünsche und Vorstellungen sind da nicht immer deckungsgleich. Deswegen bietet man im Kleinen Thetaer in Garmisch-Partenkirchen für alle etwas – für die Einheimischen in der Tracht und die Touristen aus aller Welt.

Text: Harald Triebnig // friendship.is
Fotos: Ian Ehm // friendship.is

12. Oktober 2016

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