Die Geschichten

„Die Gäste Merken Das, Wenn Du Einem Mönch Einen Smoking Verkaufen Willst“

Heimische Erzeugnisse von heimischen Herstellern: „Inser Hoamat“ ist die neue Lokalmarke von Garmisch-Partenkirchen. 

„’Inser Hoamat’, da kannst stolz drauf sein, das ist ein Gütesiegel,“ sagt Peter Nagel, Garmisch-Partenkirchener Tourismusdirektor über die neue Lokalmarke, die seit ein paar Monaten heimische Erzeugnisse von heimischen Herstellern anbietet: Trekking- und Haferlschuhe, Lodenkissen, Blütensalz, Brotzeitbretter und weitere Dinge und Lebensmittel, die vor Ort hergestellt werden – von Männern und Frauen, die mit der Region genauso verwachsen sind wie mit dem, was sie tun. 

Dass „Inser Hoamat“ für Peter Nagel eine Herzensangelegenheit ist, merkt man, wenn man mit ihm spricht. Denn es geht nicht in erster Linie um das Geschäft mit den Touristen, sondern vielmehr um Identitätsfragen: Was ist es, das Garmisch-Partenkirchen ausmacht und im Innersten zusammenhält? Was ist die Essenz der Region, ihre DNA? Was ist „echt“ Garmisch-Partenkirchen, was nicht? „Deshalb verwenden wir den Begriff Heimat. Tourismus kannst du nur mit Leuten machen, die hinter dem stehen, was sie tun. Der Gast fühlt sich nur dann aufgehoben, wenn er spürt, dass etwas echt ist,“ so Peter Nagel. „Die Gäste merken das, wenn du einem Mönch einen Smoking verkaufen willst.“ Damit das Konzept aufgeht, müssen die heimischen Kleinbetriebe, Werkstätten und Landwirte mitspielen – denn sie sind es, die die Region repräsentieren und Dinge produzieren, die nicht nur von Touristen, sondern auch von Einheimischen gekauft werden. 

Und sie spielen mit.

Von Anfang an dabei ist Raumausstatterin Christine Nöhmeier, Inhaberin von „Nöhs Raumausstattung“.

Für „Inser Hoamat“ näht sie Fellgürtel und Dinge aus Loden. „Ich finde die Idee gut, denn der Tourist nimmt etwas hier Gefertigtes mit, das auch ein bisserl Leben hat,“ sagt sie. Seit 14 Jahren macht Christine Nöhmeier „alles, was man aus Stoff, Leder und Planen nähen kann: Je unterschiedlicher und abwechslungsreicher, desto besser.“ Sie stattet heimische Schlafzimmer mit Vorhängen aus, überzieht alte Sofas mit neuen Stoffen und produziert Lodenkissen für Hütten – unter anderem. Dabei schätzt sie die Zusammenarbeit unter all den Kleinbetreiben der Region: Schreiner, Elektriker, Maler, Fliesenleger. „Da kann es schon sein, dass man gemeinsam auf dieselbe Baustelle fährt,“ sagt sie.

Die Garmisch-Partenkirchnerin („Meine Heimat, mein liebster Ort, da bin ich auf die Welt gekommen und da werde ich wahrscheinlich auch sterben“) ist Vollblut-Handwerkerin. Eine, die lieber auf wirtschaftliches Wachstum verzichtet als darauf, mit ihren Händen zu arbeiten. „Wenn man Angestellte hat – und ich hatte mal drei Leute – macht man den Beruf irgendwann nicht mehr und sitzt nur noch am Schreibtisch. Dafür mag ich meine Arbeit zu gern,“ so Christine Nöhmeier, die auch schon mal amerikanische Flaggen für einen Quentin Tarantino-Film genäht hat – ein Freund hatte sie empfohlen.

Auch Schuhmachermeister Josef Zollner ist Teil des „Inser Hoamat“-Kollektivs.

Aus Überzeugung: „Man sieht dadurch, dass es noch viele kleine Geschäfte gibt, die nicht nur was für den Tourismus machen, sondern die ganz normal ihrer Arbeit nachgehen,“ sagt er.  Er misst Füße, entwirft Modelle und näht Sohlen an – seit fast 25 Jahren, in dritter Generation. In Zeiten, in denen sich andere Schuhmacher auf die Orthopädie spezialisierten, wagte er eine radikale Kehrtwende, die zurück zu den Wurzeln führte: „Mein Opa hat zuerst Maßschuhe gemacht. Dann hat er Schuhe für die Kriegsversehrten, die heimgekommen sind, hergestellt. Und so ist er in die Orthopädie reingekommen. Auch meine Eltern haben orthopädische Schuhe gemacht, aber ich mache halt jetzt das,“ sagt er und meint damit einerseits die Haferlschuhe nach alter Tradition, für die er seit Jahrzehnten bekannt ist und die nicht nur zu Trachten, sondern auch gut zu Jeans passen. 

Andererseits gehört seit neustem auch ein Trekkingschuh zum Zollner-Sortiment: „Zwiegenäht und nicht geklebt,“ sagt Josef Zollner. Eine Technik, bei der das Oberleder zweimal vernäht wird. „Das ist ein Riesenzeitaufwand“, so der Schuhmachermeister. Der zahlt sich allerdings aus: Die Lebensdauer des Schuhs sei dadurch wesentlich länger. 

Obwohl es die Initiative erst seit ein paar Monaten gibt, erregt sie Aufsehen – sowohl beim Gast als auch bei den Einheimischen: „Das größte Kompliment war, dass die Leute auf uns zugekommen sind und gesagt haben, A: Ich möchte das verkaufen, B: Ich möchte das haben und C: Ich würde selber gerne mitmachen,“ so Peter Nagel. „Ich glaube, dass Inser Hoamat auch auf den Landkreis ausweitbar ist. Aber wir wollen das jetzt gesund wachsen lassen,“ so der Tourismusdirektor. 

Text: Martha Miklin // friendship.is
Photos: Florian Lechner // friendship.is

27. Juli 2017

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