Die Geschichten

Der Dirigent Mit Dem Kochlöffel

Jahrelang kochte Armin Amrein im Fernsehen. Jetzt kocht er im Einrichtungshaus. 

Ein Restaurant im Einrichtungshaus - die meisten denken dabei wohl an eine Art Kantine oder ein Selbstbedienungsrestaurant. Damit hat das „Glow by Armin Amrein“ in Davos natürlich nichts zu tun. „Genuss & Design“ lautet hier das Motto. Denn das „Glow“ befindet sich nicht in irgendeinem Einrichtungshaus, sondern im Showroom des Bündner Traditionsunternehmens „Escher Raumdesign“. Ein Raum, der ein Gespür für Ästhetik geradezu einfordert. Dementsprechend durchdacht ist auch das Designkonzept: angefangen bei den Möbeln über das Geschirr und die Gläser bis hin zu den Salz- und Pfefferstreuern.  

Für den Genuss sorgt Starkoch und Gastgeber Armin Amrein. Der schafft es nicht nur auf stolze 17 Gault Millau-Punkte, er ist zudem wohl einer der bekanntesten Köche der Schweiz – auch aufgrund seiner jahrelangen Tätigkeit als Fernsehkoch. Im Interview spricht er über seine Küchenphilosophie, warum er sich nie zu Gästen an den Tisch setzt und wie aus „Küchenchefs“ auf einmal „Starköche“ wurden. 

Herr Amrein, wie kommt es, dass man ein Spitzenrestaurant im Showroom eines Einrichtungshauses eröffnet?

Armin Amrein: Als ich 2015 vom Seehof (eines der traditionsreichsten Hotels in Davos, Anm. d. Red.) wegging, haben mich zahlreiche Gäste gebeten, in Davos zu bleiben. Das soll jetzt nicht eingebildet klingen, aber es war wirklich einer der Hauptgründe weshalb ich geblieben bin. Dieser Zuspruch hat mich berührt und dazu geführt, dass ich mir gedacht habe: Gut, mach ich mich in meinem jugendlichen Alter halt noch selbstständig. 
(Anm.: Amrein ist 1955 geboren.)

Aber warum gerade in diesem Raum? Die Kombination aus Showroom und Spitzenrestaurant ist ja doch ungewöhnlich. 

Armin Amrein: Mir war einfach klar: Wenn ich etwas Eigenes mache, möchte ich etwas Anderes, etwas ganz Neues machen. Aufgefallen ist die Location dann meiner Frau – und ich fand sie auf Anhieb gut. Also habe ich Claudio Escher kontaktiert und zu ihm gesagt: „Claudio, wir müssen reden!“ Er und sein Bruder Beat waren dann gleich Feuer und Flamme für die Idee und wir haben begonnen, das Lokal zu gestalten. Natürlich in enger Zusammenarbeit mit Escher Raumdesign, wir konnten ja nicht ein Restaurant machen, dass das komplette Gegenteil vom Showroom darstellt. 

Wofür steht der Name „Glow by...“?

Armin Amrein: „Glow“ bedeutet so viel wie „glühen, leuchten, glänzen“.  Ich finde, das passt irgendwie. Wir versuchen mit unseren Kreationen ja auch zu glänzen. Außerdem assoziiert man damit ja auch irgendwie strahlen, und ich lache nun mal einfach gerne. Als wir uns bereits festgelegt hatten, informierte mich die Werbeagentur, dass es bereit ein Produkt mit dem Namen „Glow by...“ gäbe – das Parfüm „Glow by Jennifer Lopez“. Da habe ich gesagt: Damit kann ich leben! Das „by Armin Amrein“ haben wir natürlich bewusst hinzugefügt, da mein Name durch die Tätigkeit als Fernsehkoch ja schon einigermaßen bekannt ist. 
 

Bündner Lammrücken in Davoser Heu gegart, Karotte, Kubeben-Pfeffer

Sie waren einer der ersten Fernsehköche überhaupt ...

Armin Amrein: ... und ich bin deswegen am Anfang ziemlich belächelt worden. Nicht wenige haben gefragt ob ich das nötig hätte, denn im Grunde war es ja eine Werbesendung. Ich würde es aber jederzeit wieder machen, allein weil daraus extrem viele schöne Beziehungen und Bekanntschaften entstanden sind. Und viele Kritiker wurden im Laufe der Zeit zu Neidern. Mittlerweile wird ja ohnehin überall im TV gekocht. Ich denke, das Fernsehen hat in der Kochbranche einiges bewegt und unseren Beruf imagemäßig stark aufgewertet. Man spricht nicht mehr von Küchenchefs, sondern von Starköchen.  

Auch im „Glow“ kann man Ihnen beim Kochen zusehen. Stehen Sie gern im Mittelpunkt?

Armin Amrein: Ich glaube, manche Gäste wären enttäuscht, wenn sie mich nicht sehen würden – weil man mich nach 20 Jahren Fernsehen einfach kennt. Daher gehe ich auch immer von Tisch zu Tisch um „Grüezi“ zu sagen. Allerdings setze ich mich nie dazu, denn wenn ich mich an einem Tisch dazu setze und am anderen nicht macht das ein komisches Bild. Ich glaube, es ist sehr wichtig, alle Gäste gleich zu behandeln und allen dieselbe Aufmerksamkeit zu schenken. 

Das Wichtigste in einem Restaurant ist aber immer noch das Essen. Wie würden Sie die Philosophie der Küche des „Glow“ beschreiben?

Armin Amrein: Wir haben uns ganz bewusst dafür entschieden, nur ein Menü und drei ausgewählte Klassiker anzubieten. Das hat den Vorteil, dass man viel besser kalkulieren und dadurch auch jeden Tag mit frischer Ware arbeiten kann. Alle drei bis vier Wochen wechseln wir das Menü, wobei wir uns da intensiv mit den Lieferanten austauschen und darauf achten, welche Produkte gerade Saison haben. Dazu gibt es dann eben noch „meine“ Klassiker wie Boeuf Stroganoff oder gebratene Entenleber – die könnte ich gar nicht von der Karte nehmen, weil die Leute das einfach sehr gern mögen und oft danach fragen. 

Alle drei bis vier Wochen ein neues Menü zu kreieren erfordert Kreativität – was inspiriert Sie?

Armin Amrein: Da gibt es viele Dinge. Beispielsweise kommt mir oft beim Biken ein Gedanke, den ich spannend finde und dann weiterdenke. Oder ganz pragmatisch: Ein Lieferant erzählt mir, was gerade verfügbar ist und fordert mich damit indirekt heraus, aus diesen Produkten ein Menü zu kreieren. Aber natürlich kommen nicht alle Ideen von mir: Die Karte entsteht immer in Zusammenarbeit mit meinem Team, sehr vieles passiert im Austausch. Das funktioniert aber nur, weil wir ein sehr freundschaftliches Arbeitsklima haben. 

Wie schafft man ein gutes Arbeitsklima? 

Armin Amrein: Mir ist sehr wichtig, dass ich nie von einem Mitarbeiter etwas verlange was ich selber nicht machen würde. Wir sind im Glow insgesamt ein Team von sieben Personen, in der Küche sind wir, mich mitgerechnet, zu dritt. Und da ist sich keiner zu schade für irgendeine Tätigkeit – wir waschen ab, wir putzen den Boden und alles was dazu gehört. Gerade in einem kleinen Betrieb ist es extrem wichtig, dass man gut zusammenarbeitet und gemeinsam anpackt.

Sie stammen aus einer Musikerfamilie, Ihr Vater wollte eigentlich, dass Sie Musiker werden. Gibt es eine Verbindung zwischen Musik und Kochen?

Armin Amrein: Mein Vater war von meinem Berufswunsch zu Beginn nicht sehr begeistert. Aber man kann so etwas ja nicht erzwingen. Meine Töchter wollen vom Gastgewerbe auch nichts wissen. Entweder es passt, oder es passt nicht – das hat mein Vater natürlich auch eingesehen. Und Musik erfordert ja sehr viel Kreativität, das ist beim Kochen ähnlich, so weit weg ist es also gar nicht. Als Küchenchef ist man ja auch irgendwie der Dirigent in der Küche – nur halt mit Kochlöffel statt Taktstock.

www.glow-davos.ch

Text: Matthias Köb // friendship.is
Fotos: Florian Lechner // friendship.is

9. November 2016

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