Die Geschichten

Zweier-Golf

Grace und Christina spielen Golf, seit sie denken können. Heute gelten die Zwillinge als Nachwuchstalente.

Ein Golfplatz ist nicht unbedingt der ideale Ort für Kinder: Man muss ruhig sein und Rücksicht auf die Spieler und Caddys nehmen. Man darf weder Fangen noch Verstecken spielen. Quer über die perfekt gestutzten Grünflächen zu rennen ist ein No-Go. Die Leute, auf die man trifft, sind meistens um ein paar Jahrzehnte älter. Dennoch hat es Grace und Christina Einberger, Töchter von Golf-Pro und Trainer Duncan Whitaker, immer schon auf den grünen Platz gezogen. Heute sind die Zwillinge siebzehneinhalb und Mitglieder des Tiroler Nachwuchslandeskaders. Mit Golf sind sie groß geworden – und wenn sie so weitermachen wie bisher, werden sie selber schon bald zu Golf-Größen werden.

Vier Jahre ist es her, als Grace und Christina eine Entscheidung getroffen haben: „Am Anfang spielt man nur, weil es Spaß macht. Langsam merkt man: Oh, man ist eigentlich ganz gut. Dann fragt man sich, warum man’s nicht gleich gscheit macht – und dann lässt man alles andere weg und ist nur mehr am Golfplatz“, so Grace. „Gscheit“ bedeutet in diesem Kontext drei bis sechs Stunden Training pro Tag – und zwar wirklich jeden Tag. Im Sommer auf dem Golfplatz Kitzbühel-Schwarzsee-Reith, im Winter in der Halle und im Fitnessstudio, wo sie die Muskeln trainieren, die sie brauchen, um am Golfplatz noch besser performen zu können. Sie üben bei Schlechtwetter, sie üben wenn alle anderen im Freibad sind, sie üben wenn sie unmotiviert sind: „Wenn eine keine Lust hat, sagt die andere: Du musst sowieso zum Golfplatz mitkommen, weil alleine fahre ich nicht“, so Christina. Pro Jahr spielen sie auf 25 bis 30 Turnieren, die jeweils bis zu vier Tage dauern können. Sie lieben das Gefühl, zu gewinnen („Man sieht, dass sich die ganze Arbeit auszahlt“) und nach Rückschlägen trainieren sie noch härter („Manchmal ist man dann übergolft und macht ein, zwei Tage Pause, aber dann geht man mit noch mehr Motivation an die Sache heran und schaut, dass man’s wieder in den Griff bekommt“). Obwohl sie auf denselben Turnieren spielen, sehen sie einander nicht als Konkurrentinnen: „Hauptsache, der Sieg bleibt in der Familie“. Vor Schwächen laufen sie nicht davon, ganz im Gegenteil: Sie konfrontieren sich. Mit ganz viel Disziplin – aber auch mit Freude. Wie gut, dass sie zu zweit sind. Andere NachwuchsspielerInnen hätten diesen Vorteil nicht, meinen sie: „Viele sind auf ihre Trainer fixiert. Wir gehen immer zu zweit auf den Golfplatz und haben unseren Spaß“, so Grace.

„Die Ausrede, dass Golf teuer ist, gilt nicht mehr“

Disziplin, Konsequenz, Spaß und immer die Schwester an der Seite, die vielmehr beste Freundin als Konkurrentin ist – das sind schon mal gute Voraussetzungen für Erfolg. Und dann gibt es auch noch Papa Duncan: Der Brite ist vor 20 Jahren nach Kitzbühel gekommen, um zuerst am 9 Loch-Golfplatz im Rasmushof zu unterrichten und dann auf den 18 Loch-Golfplatz Schwarzsee zu wechseln. Die Mädchen hat er nicht in den Golfsport hineingedrängt: „Ehrgeiz und Motivation können nur von einem selber kommen.“ Aber was er ihnen vermutlich vermittelt hat, ist erstens die Freude am Spiel und zweitens eine gewisse Selbstverständlichkeit: „In England ist Golf ein Volkssport, den sich jeder leisten kann. Wer will, kann spielen. In Österreich hat Golf noch immer das Image des Sports für Reiche, aber das ändert sich langsam“, so Duncan Whitaker. Um den Nachwuchs zu fördern, haben alle vier Kitzbühler Golfclubs ein gemeinsames Programm entwickelt, die KIDSBühel Future Champions: Für einen Jahresbeitrag von 100 Euro können Kinder und Jugendliche auf allen vier Plätzen spielen. Dazu gibt es gratis Übungsbälle, eine Golfstunde pro Woche und die Möglichkeit, auf gebrauchte Schläger zurückzugreifen. Wenn es ein Turnier in Wien oder Salzburg gibt, übernimmt der Golfclub die Kosten für Nenngeld und Übernachtungen. „Die Ausrede, dass Golf teuer ist, gilt dann einfach nicht mehr“, so Duncan Whitaker. Dass die alten Golf-Klischees auch hierzulande langsam aufbrechen, leben die Zwillinge lebendig vor. 

Und was sind die nächsten Ziele? „Auf der Austrian Juniors Golftour zu gewinnen“, so Grace und Christina, die in Tirol stets erfolgreich sind und waren und nun ihre Erfolge auf Bundesebene weiterführen wollen. Eine weitere Eigenschaft, die sie auszeichnet: Sie lassen keine Ausreden gelten. „Wenn der Ball daneben geht, heißt es so oft: ‚Das Wetter ist schuld’ oder ‚Du hast zu laut gesprochen’. Aber an einem selber liegt es nie“, sagt Duncan Whitaker und lacht. Man wundert sich kaum, dass seine Mädchen von dieser Einstellung verschont geblieben sind. 

www.golfclub-kitzbuehel.at

Text: Martha Miklin // friendship.is
Fotos: Florian Lechner // friendship.is

9. November 2016

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