Die Geschichten

In Halbtonschritten Die Welt Verschönern

Warum man beim Harfenbau in die Zukunft schaut.

‘Es ist ein schöner, schöner Beruf’ schwärmt Peter Mürnseer. Der Kitzbüheler Harfenbauer lebt ein Ideal, von dem viele in Zeiten technologisch evozierter Atemlosigkeit vermehrt träumen: sein Geld mit etwas zu verdienen, das Harmonie stiftet und einen voll und ganz zufrieden stellt.

Obwohl sich das im ersten Moment vielleicht genauso paradisisch anhört, wie der Klang eines seiner sinnlich anmutenden Instrumente, liegt nämlich in der Perfektionierung dessen das Geheimnis zu Peter Mürnseers Idyll. 
Dazu braucht es handwerkliches Geschick, ein feinfühliges Gehör und unternehmerischen Weitblick. Letzterer geht jedoch nicht ohne einem guten Draht zur Natur. Einen solchen praktiziert Peter Mürnseer täglich.

Seinen eigenen Ton angeben

“Ich glaube, dass einen die Zufriedenheit mit dem Beruf positiv beeinflusst,“ sagt der Harfenbauer in seiner herzlichen aber bestimmten Art während er durch das große Fenster in seiner gemütlichen Werkstatt hinaus auf den Garten blickt. Ausgelassenheit braucht man wohl, oder vielleicht gerade in einem Nichenmarkt wie seinem, wenn man bedenkt, dass nur drei Prozent der Bevölkerung Harfe spielt. 
Nicht den einfachsten Weg zu gehen liegt scheinbar in der  Familie: der aus Bayern stammende Vater war Geigenbauer und musste in den 1960ern aufgrund niedriger Auftragslage auf Harfenbau umsatteln. Für letzteres Instrument, einer Einfachpedalharfe im Tiroler Stil mit 30 oder 40 Saiten, halten die konstanten Bestellungen den Dreimannbetrieb in zweiter Generation seit 40 Jahren im Geschäft. In Peter Mürnseers Verkaufsraum finden sich einige fertige Harfen für Kunden aus Österreich bis nach Kanada. Gebaut wird 90 Stunden über drei Monate verteilt; die Lieferzeit beträgt 10 Monate. Aber die eigentliche Vorbereitung beginnt schon lange davor, 5 bis 6 Jahre, um genau zu sein. Der Grund dafür, Peter Mürnseer zeigt auf die Ablageregale an der Wand, wo Kirsche-, Ahorn- und Fichtenbretter lagern, ist das Abwarten des idealen Zustandes vom Rohstoff - dem Holz.

Wie die Harfe zu ihrem Klang kommt

“Holz atmet ständig,” erklärt Peter Mürnseer, „es zieht Feuchtigkeit aus der Luft an und gibt sie wieder ab.” Deshalb ist es wichtig, es auf seine optimale Restfeuchte zu trocken, denn ansonsten würde sich das Instrument über Zeit verformen. Diese liegt laut seinen Berechnungen bei circa acht Prozent. Außer dem natürlichen Trockenverfahren (ohne Hitzezufuhr), dauert es ebenfalls gute fünf Jahre, bis der Harzinhalt ausgeleitet ist. “Erst dann kann das Holz frei schwingen und einen guten Klang erzeugen.”

Ein großer Aufwand also, der konträr zu den marktüblichen kurzen Produktionszyklen steht. Aus unternehmerischer Sicht bedarf es deshalb einer guten Vorausplanung der Ressourcen. Und auch da hat Peter Mürnseer nach vielen Jahren Erfahrung einen guten Rhythmus gefunden: er kauft immer soviel, wie er im letzen Jahr verbraucht hat. 
Obwohl das Risiko und die Herausforderungen genauso bestehen, wie bei jedem anderen Betrieb auch, kann sich Peter Mürnseer seine Tage nicht anders vorstellen. “Man wächst mit seinem Beruf immer mehr zusammen. Alle diese Schritte mitdurchzulaufen ist wirklich befriedigend. Schon alleine das Aussuchen des noch stehenden Baumstammes im Wald.” Wie in der Natur so üblich, hat jede Holzart seine Eigenheit, Klangfarbe und Stimmungsarten.

“Was das Ganze noch zusätzlich bereichert, im Gegensatz zum Tischlerberuf, ein ebenso schönes Handwerk, ist, dass das fertige Stück letztendlich auch noch klingt,” freut sich Peter Mürnseer. Was seine Harfen zu einem Mürnseer Original macht ist die Mechanik, die er nach seinen ‘eigenen Vorstellungen und Qualität’ baut.

Den Tag ausklingen lassen

In den Bergen startet man früh in den Tag, damit man Abends noch eine Tour, ob Skifahren im Winter oder Klettern oder Mountainbiken im Sommer einplanen kann. Einer der wichtigsten Gründe, warum Peter Mürnseer Kitzbühel sein zu Hause nennt. “In welch’ schönen Hochtälern man sich mit dem Radl bewegen kann, wo man zu Fuß nicht hinkommt, weil die Strecken zu weit sind...” Dafür lohne es sich, ‘seinen Körper ein wenig zu plagen’, wie er seine Ausflüge aufs Kitzbüheler Horn charmant umschreibt.
“Wenn I am Berg sitz’ und ins Land schauen kann, das bringt mir schon alleweil a Zufriedenheit. Dann kommen noch die verschiedenen Stimmungen durch die Widderungslagen dazu, einfach herrlich.” 
Wenn man genau hinhört, finden sich diese Nuancen auch im Klang einer Mürnseer Harfe wieder. Ein gefestigte innere Haltung wirkt sich eben nicht nur positiv aufs Wohlbefinden aus. Es regt auch die Fantasie zu Höhenflügen an.

Text: Sandra Pfeifer
Foto: Heiko Mandl // friendship.is

3. November 2016

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