Die Geschichten

Jung, Wild Und Ein Faible Für Traditionen

Christian Dorfer, Küchenchef im Kitzbühler Rasmushof, spielt Harmonika und trägt am liebsten Trachtenlederhose. Auch seine Küche lebt von Traditionen.

Er spielt steirische Harmonika, fährt am liebsten mit der Vespa in die Arbeit und fühlt sich in Trachtenlederhose am wohlsten: Christian Dorfer ist jung und hat eine große Schwäche für Traditionen. Das spiegelt sich auch in seiner Küche wider: Der Chef de Cuisine im Kitzbühler Rasmushof setzt auf traditionelle Speisen aus Österreich, „aber auf sehr hohem Niveau“.

Als er in New York das erste Mal in einen Burger biss, war Christian Dorfer enttäuscht: Das Fleisch war nicht gewürzt. Erst beim zweiten Biss dämmerte dem neuen Küchenchef im Kitzbühler Rasmushof, dass das pure Fleisch seine Berechtigung hatte. Denn um die Würze kümmerte sich alles, was oberhalb und unterhalb des Pattys ruhte – von Senf über Zwiebeln bis zu Tomaten und Speck. Wieder etwas dazugelernt. Oder wie es der gebürtige Niederösterreicher ausdrückt: „Das war für mich als Koch so ein Flash.“ Solche Momente hatte er im Laufe seiner Karriere sicherlich mehrere. Das Bedürfnis dazuzulernen, Neues auszuprobieren und Bestehendes zu verfeinern, das war wohl schon immer da. Auch wenn es nicht bei den Burgern bleiben sollte.

Die Vielseitigkeit macht’s aus

Seit November 2014 bewirtet Christian Dorfer die Gäste in dem 4-Sterne-Haus, nur wenige Gehminuten von der Kitzbühler Innenstadt entfernt und dennoch umgeben von grünen Wiesen mit Aussicht auf die Südberge. Davor hatte er vier Jahre lang in Wien für ein großes Catering-Service gearbeitet – „für bis zu 8000 Leute haben wir da gekocht“. Ursprünglich wollte der rothaarige Küchenchef ja Elektriker werden, aber das war ihm dann doch zu langweilig. Und dass er sich schließlich für die Hotelfachschule einschrieb, sei die Schuld seiner Mutter gewesen, wie er sagt. Diese hatte die kulinarische Neigung ihres Sohnes erkannt, bevor ihm überhaupt bewusst wurde, wie gerne er eigentlich am Herd steht, Fleisch schmort und frische Kräuter in die Pfanne wirft. Vielleicht wusste sie schon damals, dass er eines Tages ein ganzes Küchenteam leiten würde, so wie er es heute so gerne tut. Denn dass ein Küchenchef auch anderes tut als zu kochen, störe ihn gar nicht. Ganz im Gegenteil, diese Vielfältigkeit sei es, die ihm am meisten Spaß machen würde: „Du führst ein Team, für das du Mama, Papa und Psychologe bist, du schreibst das Menü - und schüchtern darfst du auch nicht sein, denn der Gästekontakt spielt eine große Rolle“, so Christian Dorfer.

„Traditionell, aber auf sehr hohem Niveau“

Heute kocht der Küchenchef vornehmlich traditionell: G’schmackiges aus der Tiroler und österreichischen Küche, von Zwiebelrostbraten über Tafelspitz bis zu Schinkenfleckerln mit grünem Salat. „Traditionell, aber auf sehr hohem Niveau“, wie er selber sagt. Ehrliche, bodenständige, hochwertige Gerichte mit Zutaten, die größtenteils aus der Region stammen, von Lieferanten, auf die man sich verlassen kann: „Wenn einmal etwas nicht passt, muss ich nur kurz anrufen, und nach zwei Stunden ist wieder alles in Ordnung.“ Die Kräuter für die urigen Speisen wachsen allesamt im liebevoll – und von der Rasmushof-Chefin höchstpersönlich – kuratierten hauseigenen Kräutergarten – von Blutsauerampfer über Estragon bis Rucola. Wenn man inmitten all der Pflanzen mit ihren schönen Namen, Blüten, Blättern und Früchten steht und die aromatischen Düfte vor dem Bergpanorama einatmet, versteht man, warum Christian Dorfer von der Hauptstadt in die Tiroler Bergstadt gewechselt hat. Auch wenn ein anderer triftiger Grund mit ihm im Nachbarort lebt: seine Freundin, eine Tirolerin.

Mit Lederhose, Harmonika und Vespa

Traditionell, das sind nicht nur die Speisen des Kochs. Er selber fühlt sich in Trachtenlederhose am wohlsten, und wenn es sich ergibt, spielt er die steirische Harmonika, gerne auch vor ausgelassenem Pub-Publikum – mit mindestens genau so viel Enthusiasmus wie er die Landhendlbrust mit Kartoffel-Vogerlsalat zubereitet. In seiner Freizeit geht Christian Dorfer gerne golfen, und sein Arbeitsweg dauert zwölf Minuten, wenn er die Vespa nimmt - ein kleines Highlight für den neuen Küchenchef: „Wenn ich mit der Vespa nach Hause fahre und die frisch gemähte Wiese rieche, dann werden schöne Kindheitserinnerungen geweckt. So etwas passiert in einer Großstadt einfach nicht“, so Christian Dorfer, der sich richtig wohl fühlt in seiner neuen Heimat. Und das schmeckt man auch in den Gerichten, die er serviert, bevor er sich abends auf sein Moped setzt und an die er wahrscheinlich denkt, wenn er in der Früh wieder losfährt.

Text: Martha Miklin // friendship.is
Foto: Ian Ehm // frienship.is

20. Oktober 2016

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