Die Geschichten

Roswitha Kometer: Self-Made Durch Und Durch

30 Hotelgäste und etwa 20 Besucher à la carte aufs Feinste zu bekochen bedarf eines großen Teams - würde man meinen. Nicht im 3-Sterne-Hotel Sonnbichl in St. Anton. Hier meistert eine ganz besondere Frau das ganz alleine.

Tagaus, tagein. Roswitha Kometer ist Besitzerin und Chefköchin des erwähnten Genießer- und Vitalhotels – und durch und durch self-made...

Roswitha Kometer ist ein Faszinosum. 20 Jahre hat sie als Serviererin in St. Anton gearbeitet, bevor sie mit ihrem Mann Erwin ein kleines Lokal eröffnete, die „Einkehr“. Sie stellten einen Koch ein, der jedoch immer und immer wieder durch Abwesenheit glänzte. Roswitha musste so oft für ihn einspringen, dass es ihr irgendwann zu bunt wurde, und sie beschloss, die Sache einfach selbst zu übernehmen. In ihren langen Jahren als Serviererin hatte sie ohnehin schon vielen verschiedenen Köchen sehr genau über die Schulter geblickt, und das Kochen lag ihr und interessierte sie schon von klein auf. Sie habe einfach ganz viele Bücher gelesen und Rezepte ausprobiert und sich somit das, was man wissen muss, selbst beigebracht, erzählt sie. Keine Kurse, keine Kochschule, keine Lehre, nur Selbststudium und Praxis. Ihre Tante sei auch eine gute Köchin gewesen, vielleicht habe sie ja einfach ein paar gute Gene geerbt, schmunzelt Roswitha. Auch Essen zu gehen bringe viel, man sehe wie andere Köche und Köchinnen garnieren und anrichten – und außerdem, wer geht nicht sowieso gern essen?!

Nach einigen Jahren in der „Einkehr“ übernahm das Ehepaar Kometer eine kleine Frühstückspension an jenem Platz, an dem sie dann, im Jahre 1998, das Hotel Sonnbichl bauten. Seit dem ersten Tag schwingt Roswitha dort ganz alleine den Kochlöffel. Gute Organisation und ein noch besseres Mis en Place mache das möglich, so Roswitha, dann gehe sich sogar noch ein kurzer Ausflug auf die Piste aus. Den Schnee und das Skifahren liebe sie fast am meisten an St. Anton, gesteht die passionierte Wintersportlerin. Am Vormittag wird also intensiv vorbereitet, dann ist für zwei Stunden Skifahren angesagt -„allerdings nur bei schönem Wetter“-  und pünktlich um 16:30 Uhr steht Frau Kometer schließlich wieder am Herd. Timing ist alles. Etwa 30 Hotel- und bis zu 20 á-la-carte-Gäste aus „manchmal bis zu 7 Nationen“ dürfen sich dann an einem wunderbaren Menü erfreuen. Österreichische Küche mit internationalen Einflüssen. „Die italienische Küche liebe ich fast ebenso wie die österreichische“, und „Knödel in den verschiedensten Variationen, das schätzen die Gäste sehr“, lässt uns Roswitha wissen.

Spinatknödel

Die Inspiration für ihre Kreationen holt sie sich nach wie vor aus Büchern, aus Kochsendungen und so weiter, doch als größte Inspirationsquelle nennt sie uns die Natur und den Wandel der Jahreszeiten. „Eine grüne Woche“ gibt es gerade im Hotel Sonnbichl - passend zum Frühlingsbeginn - und bald komme der Spargel, so die Köchin voller Vorfreude. Bei der Produktwahl achtet Roswitha sehr auf Regionalität. Ihre Lieblingsgemüsesorten sind alle heimisch, und Gefrorenes verwendet sie selten. Ihr kleiner privater Gemüsegarten bleibt verständlicherweise privat, nur der eine oder andere glückliche Gast bekommt gelegentlich ein Spiegelei aus Eiern von den sieben eigenen Hühnern. Und dass ausschließlich  Fleisch aus der Region auf den Tisch kommt, ist für Roswitha sowieso selbstverständlich. Leider gebe es keine Metzgerei mehr im Ort, doch werde sie jetzt vom Fleischer aus dem Nachbarort direkt beliefert, von der Metzgerei „À la carte“ im nur wenige Kilometer entfernten Haiming. Zur Ganslzeit suchte Frau Kometer einmal heimische Gänse, was sich gar nicht so einfach gestaltete. Sie fand jedoch einen kleinen Bauern in Vorarlberg, dem sie dann auch prompt den gesamten Bestand abkaufte. Wer suchet, der findet!

Wenn die 64-Jährige einmal so richtig ausspannen will – im Mai und Juni bleibt das Hotel geschlossen - fährt sie gerne in die Therme und genießt ansonsten das Skifahren im Winter sowie das Radfahren im Sommer. Als Ausgleich zum Kochen, denn, so Roswitha: „Man kann ja nicht immer nur kochen.“ Nichtsdestotrotz konnte sich die aus einer Bauernfamilie stammende Frau nie etwas anderes vorstellen als in der Gastronomie zu arbeiten. Wer mit soviel Engagement bei der Sache ist, der kann Berge versetzen, wie es Roswitha Kometer schon viele Jahre tagtäglich in der Küche tut. Und sie liebt ihren Beruf wirklich, die Liebe zum Kochen war und ist ihr Antrieb und ihre Kraft. „Ohne Liebe würde das alles gar nicht gehen!“, bestätigt die Madame de Cuisine des sympathischen Familienbetriebs in St. Anton.

www.dassonnbichl.at

Text: Sandra Pfeifer
Fotos: David Payr // friendship.is

19. April 2016

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