Die Geschichten

Ein Bisserl Stress Schafft Kreativität

Hotel- und Küchenchef Michael Ladner hat in St. Anton am Arlberg die richtige Balance aus Bodenständigkeit und Kreativität gefunden. 

20 Pfannen braucht Michael Ladner für ein Gericht. Welche Zutaten er darin dünstet, schmort oder köcheln lässt, entscheidet er meist spontan. Seine Gäste lassen sich von ihm überraschen und essen, so wie früher, was auf den Tisch kommt. Mit dem Waldhof haben sich Michael Ladner und seine Frau Andrea den Traum vom eigenen Hotel erfüllt. Dass Gäste im Sommer auch mal nur für eine Nacht, also für ein Abendessen kommen, freut den Küchenchef besonders.  

Heute sind es eingelegte Löwenzahn-Blüten, die dem bunten Vorspeisenteller einen spannenden Touch verleihen. Spontan beim Wandern gesammelt, ein paar Tage eingelegt, und schon hat die simple Zutat es zu Ziegenkäse, Kürbis und Bündnerfleisch auf den Teller im Waldhof geschafft. So einfach und doch kreativ kann österreichische Küche sein. Auch wenn es nicht immer einfach ist, stehen regionale Zutaten ganz oben auf der Einkaufsliste von Michael Ladner. Besondere Bedeutung kommt hier seinem bewährten Lieferanten zugute – dem Mann seines Vertrauens. 

ANGEKOMMEN IN DER TIROLER KÜCHE

Während Michael Ladner erzählt, werkt sein Lehrling in der Küche. Ganz alleine geht es eben doch nicht – vor allem im Winter, wenn das Haus mit Schiurlaubern voll ist, braucht der Alleinkoch Unterstützung. Das alte Rezeptbuch aus seiner eigenen Lehrzeit hält der Küchenchef immer noch in Ehren. „Aus den Grundrezepten lässt sich alles machen“, erklärt er und gibt das alte Wissen auch an seinen Lehrling weiter. „Mir fällt auf, dass die Jungen heute vieles gar nicht mehr lernen. Aber wenn du zu guten Köchen kommst, dann erzählen sie von Schmorgerichten oder Frikassee. Und du denkst dir: Das waren noch gute Zeiten, wo nicht nur alles schön rosa gebraten worden ist.“

Nach experimentellen Phasen im Ausland und in seinem ersten eigenen Restaurant Ben.venuto ist Michael Ladner im Waldhof wieder zu Hause angekommen. Der Koch lässt sich ab und zu immer noch von italienischen und asiatischen Einflüssen inspirieren, die wilden Phasen sind aber vorbei. In seiner Hotelküche in St. Anton am Arlberg findet er täglich die richtige Balance zwischen Bodenständigkeit und Kreativität. Seine Gäste schätzen diese Qualität und vertrauen ihm. „Es gibt nur ein Menü und keine Umbestellungen. Grad im Winter finden es die Gäste spannend, wenn sie nach einem anstrengenden Tag am Berg heimkommen und rätseln, was es heute wohl zu Essen gibt“, schmunzelt Michael Ladner. 

EIN KÜHLSCHRANK VOLLER MÖGLICHKEITEN

Wenn seine Gäste ihn fragen, was es am Abend gibt, weiß Michael Ladner es häufig selbst noch nicht. Aber ein gefüllter Kühlschrank und die Vielfalt der Kräuter und Pflanzen in der Umgebung erlauben es ihm, spontan zu sein. „Du rennst schnell vor die Türe oder in den Kühlraum, nimmst ein paar Sachen und denkst dir: Das wird lässig. Ein bisserl Stress schafft Kreativität.“ beschreibt der Küchen- und Hotelchef seine Art zu kochen. 

Wenn eine Person daheim kocht und es im ganzen Haus nach Essen riecht, wenn alle zusammen am Tisch sitzen und gemeinsam essen: Das ist es für den leidenschaftlichen Koch, was österreichische Küche ausmacht. Damit er dieses Gefühl im Waldhof verbreiten kann, hält ihm seine Frau Andrea den Rücken frei. Das Büro muss er im Grunde nie betreten und kann sich in seinem Reich austoben. Zwischen 20 Pfannen und der nächsten kulinarischen Überraschung. 

Hotel & Restaurant "Der Waldhof"

Text: Elisa Heißenberger // friendship.is
Fotos: Florian Lechner // friendship.is

25. August 2017

Lesen Sie die Geschichten von