Die Geschichten

Der Thorsten Probost-Effekt Oder: Brutal Nachhaltig

Nahrung als Medizin: Das ist der Leitsatz von Spitzenkoch Thorsten Probost vom Hotel Burg Vital Resort 5* in Lech Zürs

Manchmal muss man im Leben radikal sein um einen neuen Weg zu beschreiten. Das hat sich auch Thorsten Probost gedacht, obwohl die Philosophie hinter seiner medizinischen Küche vorerst sachte klingt: Architected by Nature. Dafür lässt sich der sympathische Spitzenkoch vom Hotel Burg Vital Resort 5*  gerne von der Natur belehren und vertraut dabei ganz auf seine Sinne. Um diese zu schärfen, kocht er ab und zu auch mal im Dunkeln.

Thorsten Probost beeindruckt zuerst einmal durch seinen festen Händedruck. Man merkt sofort, dass der Spitzenkoch von der schwäbischen Alb jemand ist, der seinen Beruf, oder wohl besser seine Berufung, mit vollem Einsatz lebt. Wie weit er sich dabei in die Materie vertieft, verrät sein digitales Armband: ein Vorzeigebeispiel an tragbarer Technologie, das minuziös Bilanz über den Energiehaushalt in seinem Körper zieht. „Ich sollte heute noch eine Stunde zwei Minuten laufen weil ich erst 1766 Kalorien verbrannt habe“, sagt er nach einem schnellen Blick.

Mit der progressiven Ausrichtung seiner Küche nach der vitalKOCHEN-Linie („Einfach genießen im Einklang mit der Natur“) reflektiert er nicht nur die Grundidee des Burg Vital Resort 5* Hotels und dessen Restaurant Griggeler Stuba, sondern auch ein in Lech Zürs fest verankertes Gedankengut: Je mehr man in die Natur investiert, desto mehr gibt sie einem zurück. 

Entwickelt hat sich sein mittlerweile tiefgreifendes Verständnis von der ganzheitlichen Küche und deren heilenden Effekten aus einer Instinktivküche, wie Thorsten Probost es beschreibt, mit viel Kräutern aus dem eigenen Garten und von den umliegenden saftigen Almwiesen der Oberlecher Alpen auf 1700 Metern Höhe.

Der Saibling aus dem Zuger Teich mit Schwarzwurzeln von Simon Vetter`s Hof

Zurück zur Natur

Thorsten Probosts Ansatz spiegelt sich in der Küche vom Burg Vital bis ins kleinste Detail wieder. Ausgangspunkt ist für ihn eine hohe Biodiversität im Boden, denn nur wenn dieser nährstoffreich ist, kann er Qualitätsware produzieren. 
„Wir haben auch eine alte Kartoffelsorte gefunden, die Anuschka, von der verwenden wir jedes Jahr 1,7 Tonnen für Kartoffelsalat und Püree.“ Um den Kartoffeln die Stärke zu entziehen, werden sie eineinhalb Tage in Wasser gelegt. 
Vom Demeter-Hof kommt das Korn. „Brotbacken mit alten Getreidesorten macht so wahnsinnig viel Spaß. Das Nussbrot machen wir selber, das muss saftig sein und nach viel Nuss schmecken.“ Der Spruch „Du bist was du isst“ wird bei Thorsten Probost so richtig lebendig. 
Biohühner, Eier und Fleisch kommen jeweils von den gleichen Produzenten. Bevorzugt sind regionale Rassen wie Tiroler Grauvieh oder Pinzgauer Naturrind – bei denen der Spitzenkoch selbst die Fütterung und die Art des Transports zum Schlachthof vorgibt. Gestresste Tiere geben nämlich kein hochwertiges Produkt.

„Des was is’ muss her wenn es Zeit ist“

Am hinteren Ende der Küche steht eine Kühlanlage, eine wahre Schatzkammer voller feiner regionaler Produkte. Dort lässt Thorsten Probost große Brocken Fleisch vom Ochsen oder vom Rind nach der Schlachtung erst einmal aushängen. Über den Reifepunkt entscheidet er frei nach seiner Nase - denn das Wichtigste beim Kochen ist nun einmal das Riechen. Und Zeit. „Des was is’ muss her wenn es Zeit ist“, lautet seine Devise, was bedeutet, dass jedes Produkt einen idealen Verarbeitungszeitpunkt hat. „Klar ist das alles hier ein wahnsinniger Aufwand, aber man muss seinen Prinzipien treu bleiben und versuchen, die Leute auf die Reise mitzunehmen“, sagt Thorsten Probost über seine Richtung, für die er, um sie beizubehalten, immer wieder viel Überzeugungsarbeit leisten muss. 
Ein Aufwand, der sich lohnt, denn was ihn inspiriert, sind die vielen Gespräche mit seinen Produzenten über das, wie genau etwas in der Erde wächst und wie es als Nahrung beim Menschen wirkt. Deshalb umschließt sein Kochen profundes Wissen über biodynamische Vorgänge, die einen erkennen lassen, dass der Mensch vollends in Wechselwirkung mit der Natur steht.

Um sich seine Ideen und Konzepte in Ruhe durch den Kopf gehen zu lassen geht er am liebsten hinaus, in die Natur. Entstressen, wie der Spitzenkoch sagt. Für eine ganzheitliche Küche wie die seine der perfekte Ausgangspunkt, um Antworten zu finden auf das „was mir gut tut“.  
In der Burg Vital Akademie wird diese Philosophie an die junge Generation von Köchen weiter vermittelt, vom Sauerteig bis zum Käse. Auf jeden Fall aber kommt der Thorsten Probost-Effekt gut an – auch sein ehrgeiziger Sous Chef trägt ein Fitnessarmband.

Nahrung als Präventivmedizin

Die Karriere des Thorsten Probost ist eine lange und interessante. Gekocht hat er an den feinsten Adressen wie dem Burgrestaurant Staufeneck in Salach oder im 3-Michelin-Sterne-Restaurant „Gästehaus Erfort“ in Saarbrücken.
Zu einer Zeit in der er nach einer neuen Herausforderung suchte, wollte auch Seniorchef Fridolin Lucian vom Burg Vital Resort einen anderen Weg einschlagen. Was folgte ist ihre nunmehr dreizehnjährige Zusammenarbeit, die mit dem radikalen Ansatz, den Gästen Produktempfehlungen anstatt Speisekarten zu geben, ihren Anfang nahm. 

Davor hat sich Thorsten Probost eine Weile bei einem Kumpel als Metzger versucht und wertvolles Wissen gesammelt, das er nun mit einfließen lässt. Vor allem wenn es um die sanfte Schlachtung von Tieren geht oder um die wahre Bedeutung der Hörner einer Kuh: Diese sind nämlich Auspuffrohre für jene Gase, die im ersten Magen von Kühen entstehen. „Deshalb geben jene, die keine Hörner haben, eine andere Milch. Das Methan bleibt im Körper und setzt sich in der Milch ab, was wiederum der Mensch nicht verstoffwechseln kann.“ Thorsten Probost ist es deshalb wichtig, immer auf die ganze Geschichte eines Produktes zu schauen. Bio alleine ist längst nicht mehr genug.

Sein Fachwissen an heimischen Kräutern hat er der Seniorchefin des Hauses zu verdanken, die ihm immer wieder den Korb in die Hand drückte und ihn auf zahlreichen Wanderungen in die Heilwirkungen der heimischen Kräuter einweihte. Thorsten Probosts Wissen gibt Stoff für so einige Bücher, wie seinem ersten, Vital kochen mit Kräutern. 
Das wachsende Interesse für diese Themen führte schließlich zur Zusammenarbeit mit Medizinern, mit denen er die gesamte Hotelküche umgekrempelt hat: mehr Gemüse, Proteine, naturbelassenen Zucker und Verzicht auf weißes Mehl und weißen Reis. Über die Gefahren von herkömmlichem Zucker verfassten Probost und Dr. Kurt Mosetter auch das Buch Zucker – Der heimliche Killer.
Seit einiger Zeit beschäftigt sich Thorsten Probost nun mit geriatrischen Kräutern aus dem asiatischen Raum, die im Körper Prozesse freischalten und etwa in der Lage sind, die Nebenwirkungen von Chemotherapie bei Krebspatienten abzuschwächen.

Die Natur zeigt uns schon, was Sache ist

Die Einstellung von Thorsten Probost deckt sich mit der des Ortes Lech Zürs. „Hier ist soviel brutale Nachhaltigkeit im Denken der Leute, die diesen Ort dort hingebracht haben wo er jetzt ist. Die sind von Anfang an schon so ehrlich gewesen zu ihrer Natur, dass sie erkannt haben was goaht und was nicht“, erzählt Probost in seinem Deutsch-Vorarlberger Akzent.
Und was treibt einen wie Thorsten Probost an? „Aufstehen und die Natur mitgenießen zu dürfen, mit den Skiern über den Weißen Ring (eine Skirunde die über 22 Abfahrtskilometer Lech mit Zürs, Zug und Oberlech verbindet) zur Arbeit zu fahren, das gibt mir Berge. Und dann das Wissen, mit Weltklasse-Produkten etwas machen zu dürfen.“ Mit Betonung auf dürfen, wie er noch nachsetzt.
Sein schönstes kulinarisches Erlebnis war ein Abend auf einer Hütte: Kochen unplugged. „Da war kein Strom, nada, und man musste sich auf den richtigen Riecher verlassen, ob ein Gericht fertig war oder nicht“, erzählt er begeistert. „Die Natur zeigt uns schon, was Sache ist.“  

Text: Sandra Pfeifer
Fotos: David Payr // friendship.is

 

13. Oktober 2016

Lesen Sie die Geschichten von