Die Geschichten

Ein Berg Entdeckt Sich Neu

Pischa ist ein Berg, der einfach wieder Berg sein darf.

Pischa ist einer von vielen Ski-Bergen rund um Davos. Was ihn einzigartig macht? Dass er wieder ganz Berg sein darf.


Stell dir vor, du fährst auf einer Autobahn. Die Landschaft zieht rasend schnell an dir vorbei, du ärgerst dich über die Kolonne auf der Überholspur. Anders fühlt sich eine Fahrt über eine kurvige Passstraße an. Du fährst langsam und bewusst, genießt die Aussicht, entspannst dich. Pischa ist die ruhige Landstraße unter den Davoser Schigebieten. Keine Leitschienen, keine Mindestgeschwindigkeit. Pischa ist ein Berg, der zurück zu seinen Wurzeln gefunden hat. Hierher kommen Menschen um die Natur der Alpen bewusst wahrzunehmen - und um zu experimentieren.

Weniger ist mehr

André Kindschi wartet auf die Pendelbahn, die hinauf auf Pischa fährt. Ein paar Minuten dauert es noch bis zur nächsten Fahrt. Diese Zeit nützt der Schneesportlehrer, Forstwart und Ranger um sich mit zwei jungen Männern zu unterhalten. Sie haben Mountainbikes mit extrem breiten Reifen dabei und wollen damit über den Schnee ins Tal fahren. Es ist das erste Mal, dass sie die Fatbikes ausprobieren. Pischa bietet sich als Teststrecke perfekt an. 
Ein paar Schneeschuhwanderer, Freerider, Winterwanderer und die beiden Fatbiker steigen zusammen mit André in die Pendelbahn. Gemeinsam fahren sie hoch auf 2.483 Meter. Dort erwartet sie kein typisches Schigebiet. Die Schilifte sind stillgelegt, statt einem Gewirr aus Pisten führen markierte Wanderwege und eine schmale, präparierte Spur über das sanfte Gelände. Nahe der Bergstation ist eine Langlaufloipe angelegt. Freerider nutzen den hochgelegenen Ausgangspunkt, um ihre Spuren in die sanften Tiefschneehänge zu ziehen.

Für den André steht heute eine Schneeschuhwanderung auf dem Programm. Er möchte seine Gäste durch den Tiefschnee ins Tal führen. Das ist fürs erste Mal nicht nur weniger anstrengend, sondern auch strategisch klug. Wer abwärts geht, hat statt dem Hang die offene Landschaft vor sich und kann den Blick über die Gipfel gegenüber schweifen lassen. Auch wenn die Wolken sich zunehmend verdichten gibt es auf der Tour jede Menge zu sehen. Die Gruppe rund um ihn beobachtet den Start der Fatbiker und wird später von ein paar Airboardern überholt, die Kopf voran mit ihren Luftkissen ins Tal gleiten.

Hochalpine Spielwiese

Schon seit Jahren führt André seine Gäste durch die Berglandschaft rund um Davos Klosters. Dass Pischa zu einem Ort der Ruhe und Entschleunigung geworden ist, freut ihn sehr. Auch der ehemalige Extremsportler hat einen Gang zurück geschalten und genießt die stressfreie Atmosphäre, die nun seine Arbeitstage prägt. Neben seiner Tätigkeit als Schneesportlehrer gestaltet er einen Naturerlebnispfad in Davos und arbeitet im Sommer vor allem im Forst. Während er durch den tiefen Schnee stapft, lauscht er immer wieder und versucht Schneehühner zu erspähen, die sich unter den Latschen verstecken. Solche Momente sind es, die nicht für seine Gäste, sondern auch für ihn eine Erfahrung am Berg krönen, meint André.

Ein Berg entwickelt Charakter

Das lawinensichere Wintersportgebiet ohne Lift- und regulären Pistenbetrieb bietet nicht nur Wanderern die Möglichkeit, ihre Zeit stressfrei auf den sonnigen Hängen zu verbringen. Pischa hat sich als Spielwiese für alternative Sportarten etabliert. Fatbiker, Airboarder und Kitesurfer toben sich hier aus. Immer wieder melden sich auch Menschen mit ganz neuen Ideen bei Andreas Fluor, dem Betriebsleiter des alternativen Wintersportgebietes. Im Schaufenster bei der Talstation steht derzeit ein zusammenklappbarer Tiefschneeschlitten. Ein Bastler aus Deutschland hat den Snowbraker entwickelt und bietet Interessierten an, auf Pischa ein Gerät zu leihen und zu testen. Statt neuen Liftanlagen setzen die Betreiber des Gebietes auf neue Ideen und lassen den Berg seinen eigenen Charakter entwickeln.

Dampfend steht die Gerstensuppe am Tisch in der Mäderbeiz. André kehrt mit seinen Gästen in der gemütlichen Berghütte ein, bevor es zurück zur Talstation geht. Die Gruppe hat eine entspannte Wanderung hinter sich. Während sie die kräftige Suppe löffeln, lassen sie die Tour Revue passieren. Schneehühner haben sie heute keine gesehen, doch einen Berg kennengelernt, der wieder Berg sein darf.

Text: Elisa Heißenberger // friendship.is
Fotos: Florian Lechner // friendship.is

28. März 2017

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