Die Geschichten

Ein Andauerndes Auf Und Ab

Der Ski Rando Parc bietet auf mehr als 40 Kilometern rundum Crans-Montana alles was das Skitourenherz begehrt. Für alle, vom blutigen Anfängern bis zur ambitionierten Sportlerin, sind passende Routen vorhanden. Ausgedacht hat sich das Ganze Ski-Alpinistin Séverine Pont-Combe gemeinsam mit ihrem Mann Nicholas.

„Gleiten, nicht heben.“ Mantraartig gibt Skitouren-Guide Kevin immer wieder das Motto für den Tag vor. Was zu Beginn noch etwas ungewohnt erscheint – beim Skitourengehen keine Schritte zu machen – ist recht bald in den Bewegungsablauf integriert. Das Bein also nicht zu heben, sondern den Fuß mit dem Ski im weichen Schnee einfach nach vorne zu schieben, funktioniert in einer Steigung eigentlich besser als in der Ebene. Auch das Vertrauen in die an der Unterseite der Skier angebrachten Steigfelle wächst von Minute zu Minute. Sie sorgen dafür, dass man selbst in Schräglage wie angewurzelt stehen bleibt, sobald man die Bewegung einstellt. Bei Gleitpassagen und leichten Abfahrten ist diese Haftung durchaus noch eine Herausforderung, wenn es darum geht das Gleichgewicht zu halten.

Für Guide Kevin ist Skitourengehen der facettenreichste Skisport und folgt einer simplen Logik: Aus eigener Kraft auf den Berg hinauf und aus eigener Kraft – und mit ein bisschen Hilfe der Schwerkraft – wieder den Berg hinunter. „Im Sommer fahre ich viel Rennrad. Da komme ich auch nicht auf die Idee, den Anstieg mit einem Auto und dem Rennrad im Kofferraum zu machen und dann nur die Abfahrt mit dem Rad zu bewältigen“, erklärt er und lacht dabei. Das Gefühl nach einem anstrengenden Aufstieg inmitten wunderbarer Natur genießt er sehr.

Sport in der Natur


Um diese beiden Punkte – die sportliche Betätigung und das Naturerlebnis - geht es auch Séverine Pont-Combe. Sie ist professionelle Skialpinistin – betreibt also Skitourengehen auf Bewerbsniveau – und Erfinderin des Ski Rando Parc in Crans-Montana. „Gemeinsam mit meinem Mann Nicholas und den Verantwortlichen in Crans-Montana ist es uns gelungen, dieses Projekt umzusetzen“, erzählt sie. Skitouring wurde im Laufe der letzten Jahre zu einem immer größeren Thema. Was auch zur Folge hatte, dass immer mehr Tourengeher auf den normalen Skipisten bergauf unterwegs waren: „Das war nicht ganz ungefährlich.“ Darum entstand die Idee, diesen Leuten eine attraktive Alternative zu bieten: den Ski Rando Parc mit 15 verschiedenen Routen über mehr als 40 Kilometer und einem Höhenunterschied von insgesamt mehr als 8.000 Höhenmetern. „Wir haben verschiedene Schwierigkeitsgrade, blaue, rote und schwarze Routen. Es ist also für jeden etwas dabei“, erklärt Séverine. Auch für Menschen die überhaupt das erste Mal auf Skiern stehen. Denn die blauen Anfängerkurse sind größtenteils flach und eignen sich daher perfekt, um ein Gefühl für die Skier und die Bewegungsabläufe zu bekommen. „Man kann hier vieles ausprobieren was die Balance und den Körperschwerpunkt betrifft, ohne dabei mit den teilweise hohen Geschwindigkeiten des alpinen Skisports konfrontiert zu sein“, sagt Séverine. Auch die Kombination mit Seilbahnen oder Sesselliften bietet sich an. In diesem Fall arbeitet man sich selbst den Berg mit Tourenskiern nach oben, lässt aber die rasante Abfahrt aus und nützt eine der Anlagen um wieder ins Tal zu gelangen. Der große Vorteil am Ski Parc Rondo ist nämlich, dass man sich zwar stets abseits der Pisten und oftmals ganz alleine mitten in der Natur bewegt, sich aber trotzdem in der Nähe der regulären Abfahrten befindet. „Da kann die Mutter ihren Mann mit den Kindern mit dem Lift nach oben schicken, sie macht eine Skitour und anschließend treffen sie sich zum Essen auf einer der Hütten und fahren gemeinsam ab.“ Außerdem werden alle Routen des Ski Rando Parc stets von der Pistenaufsicht kontrolliert, und nur wenn die Sicherheit gegeben ist, von dieser auch freigegeben.

Mehr als ein Hobby


Auch die beiden Kinder von Séverine und Nicholas sind mittlerweile begeisterte Skitourengeher und in Crans-Montana gibt es bereits eine Skitourengruppe für Kinder. „Ich genieße es, gemeinsam mit meinem Mann und meinen Kindern meiner Leidenschaft nachgehen zu können“, sagt  Séverine. Sie selbst begann mit Ausdauersport im Alter von fünf Jahren. Durch ihren Vater kam sie zum Laufen. Er war ihr erster Trainer, hat sie aber nie zu etwas gezwungen. Séverine hatte einfach Spaß am Sport: „Ich habe immer absichtlich den Bus versäumt, damit ich zur Schule laufen konnte.“ Über Umwege – Karate, 800-Meter-Lauf und Trailrunning – fand Séverine zum Skialpinismus. Diese Sportart übt sie nun seit 17 Jahren aus, und das höchst erfolgreich. So war sie nicht nur bei mehreren Weltmeisterschaften im Skibergsteigen am Podium, sondern konnte bereits zweimal das wohl prestigeträchtigste Rennen – die Patrouille des Glaciers – gewinnen. Dabei geht es Séverine nicht vorrangig um Ergebnisse. „Ich will besondere Momente erleben und die entstehen oft durch eine Teamleistung und nicht durch Gewinne.“ Ab und zu genießt sie es aber auch, ganz alleine auf ihren Skiern unterwegs zu sein – ohne Familie, ohne Teamkolleginnen, ohne Zeitdruck. „Dieses Gefühl, das man empfindet, wenn man ganz alleine in unberührter Natur unterwegs ist, das wollen wir den Menschen mit dem Ski Rando Parc vermitteln.“

Text: Harald Triebnig
Photos: Sophie Kirchner
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6. Mai 2020

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